Studio Hildebrand

Mag.Art. Christoph Hildebrand

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MEDIA ALTAR

BERNICE MURPHY
in Humpty Dumptys Caleidoscope
Sydney 1992

(read english version below)

Christoph Hildebrands Arbeit reflektiert die Entwicklung der sozialen und metaphorischen Darstellung des Menschen in der europäischen Tradition von der Renaissance bis zur Gegenwart. Leonardo da Vincis Bild des Menschen in den heiligen Geometrien von Kreis und Quadrat liefert ein metaphysisches Diagramm des Universums, in dem alle Kräfte im Bild des menschlichen Körpers zusammenlaufen. In Christoph Hildebrands Werken ist der humanistische anatomische Körper des vitruvianischen Menschen aufgelöst und in den digitalisierten elektronischen Körper eines verpixelten Computerbildes umgewandelt worden.

Hildebrand nutzt solche Bildverschiebungen nicht, um sich auf die Darstellung des Menschen als solchen zu konzentrieren, sondern um durch verdichtete ikonische Veränderungen einen Index für die revolutionäre Umstrukturierung zu liefern, die sich in der Darstellung der Beziehungen des Menschen zur Außenwelt vollzogen hat.

Media Altar komprimiert viele Elemente durch eine Maschinerie von visuellen Strukturen und Hieroglyphen, die in ihrer Darstellung der Welt so orchestriert und indikativ sind, wie ein barockes Altarbild eine Zusammenfassung der katholischen Weltanschauung des siebzehnten Jahrhunderts war. Moralische Kräfte, Emotionen, Geschlechtercodes, menschliche Handlungen, philosophische und theologische Ideen werden als Piktogramme in einem Computermenü dargestellt.

Die Darstellung der Präsenz des „Menschen“ in der computer-modulierten Welt des späten zwanzigsten Jahrhunderts hat sich vom Leonardosken Anthropoiden, der das Universum beherrscht, zu einer verpixelten Ikone einer Hand gewandelt. Der Mensch ist nicht die Inkarnation der göttlichen Ordnung des Kosmos, sondern ein körperloser Empfänger und Antwortender, der lediglich aufgefordert wird, auf eine von vielen möglichen Arten zu handeln. Inzwischen ist „Gott“ einfach ein Zeichen, das in einem Multiple-Choice-System sitzt, das Symbol, das einen optionalen Zugang zur Lunchbox der Theologie bietet.

Die verblüffende „Reduziertheit“ dieses Weltbildes ist nicht so einfach, wie es scheint. Denn tatsächlich stellt es eine radikal komprimierte und intensivierte Zusammenfassung der komplexen intellektuellen und sozialen Operationen dar, die dem Menschen in der elektronisch modulierten Landschaft der Spätmoderne abverlangt werden.

Christoph Hildebrand verwendet in allen seinen aktuellen Arbeiten Elemente, die ihrerseits Teil größerer indexikalischer Systeme der globalen Strukturen und der Vernetzung von Produktion, Distribution und Kommunikation nicht nur von Waren und Dienstleistungen, sondern auch unserer Vorstellungen von der Wirklichkeit und dem Funktionieren der Welt sind. Das Bild der Welt – die diagrammatische „PIXELWORLD“ von Christoph Hildebrands Konstruktionen – ist jedoch nicht essenzialisiert oder als verbindliche Sichtweise stabilisiert. Es ist ein sich entwickelndes, hochartifizielles, mosaikartiges Abbild der physischen, sozialen und psychologischen Realität.

Die Willkürlichkeit dieses Schemas mit seiner Betonung normativer Werte ist offensichtlich, ebenso wie die große Bandbreite an Operationen und Wahlmöglichkeiten, die es zulässt – und dementsprechend ausschließt. Es funktioniert als indexikalisches Modell, so wie einst ein barockes Altarbild. Der radikale Unterschied liegt in der Aufhebung der anthropozentrischen und theologischen Zentrierung innerhalb der Struktur. Diese „Weltmaschine“ unterscheidet zwischen Aufbau, Hardware, Software, Menüs und dem blinkenden Cursor, der auf den nächsten Befehl wartet.

 

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Christoph Hildebrand‘s work reflects on the evolution of the social and metaphorical imaging of humankind in the European tradition, from the Renaissance to the present. Leonardo da Vinci‘s image of the man enclosed within the sacred geometries of circle and square provides a metaphysical diagram of the universe in which all forces converge in the image of man‘s body. In Christoph Hildebrand‘s works the humanistic anatomical body of Vitruvian Man has been dissolved and reconstituted into the digitalised electronic body of a pixelated computer image.

Hildebrand uses such image-shifts not to focus on representation of man as such, but to provide through condensed iconic changes an index of the revolutionary restructuring that has occured in human beings‘ picturing of their relationships with the external world.

Media Altar compresses many elements through a machinery of visual structures and hieroglyphs that are as orchestrated and indicative in their picturing of the world as a Baroque altarpiece was a summary of the Catholic world-view of the seventeenth century. Moral forces, emotions, codes of gender, human actions, philosophical and theological ideas are rendered as pictograms on a computer menu.

The representation of the presence of ‚Man‘ in the computer-modulated world of the late twentieth century has shifted from the Leonardoesque anthropoid bestriding the universe to a pixelated icon of a hand. The human being is not the incarnation of the divine order of the cosmos, but a bodiless receiver and respondent, merely invited to act in one of many possible ways. Meanwhile ‚God‘ is simply a sign sitting within a multiple-choice set-up, the icon that provides optional access into the lunchbox of theology.

The startling ‚reductivness‘ of this world-picture is not as simple as it seems. For it actually represents a radically compressed and intensified summary of the complex intellectual and social operations required of the human being in the electronically modulated landscape of late modernity.

In all of his current work Christoph Hildebrand uses elements that are themselves part of larger indexical systems of the global structures and interconnecting production, distribution and communication, not only of goods and services but also of our ideas of reality and the functioning of the world. However the picture of the world – the diagrammatic ‚PIXELWORLD‘ of Christoph Hildebrand‘s constructions – is not essentialised or stabilised as an authoritative view. It is an evolving, highly artifical, tessellated mapping of physical, social and psychological reality.

The arbitrariness of this schema, with its emphasis on normative values is clear, alongside the great range operations and choises it permits – and correspondingly, excludes. It functions as an indexical model, just as a Baroque altarpiece once did. The radical difference is its dismantling of anthropocentric and theological centering within the structure. This ‚world machine‘ distinguishes set-up, hardware, software, menus, and the flashing cursor waiting for the next command.